Warum Christopher Kraemer künftig in eine olympische Gewichtsklasse will
Noch ist Christopher Kraemer nicht hundertprozentig fit. Der Kaderathlet des Deutschen Ringer-Bundes ist allerdings auf einem guten Weg der Besserung. Sein größter Konkurrent, Etienne Kinsinger, schaffte vor wenigen Wochen Großes: Der Saarländer löste beim Qualifikationsturnier in Budapest (Ungarn) das Ticket für die Olympischen Spiele in Tokio. Der Bundesliga-Ringer des KSV Köllerbach geht im Limit bis 60 Kilo, Kraemer dagegen bis 63 Kilo, einer nicht-olympischen Gewichtsklasse, auf die Matte. Christopher Kraemer stand dem Kreisboten Rede und Antwort.
Haben Sie mit etwas Wehmut auf das zurückliegende Qualifikationsturnier geschaut?
Kraemer: Eigentlich nicht. Ich habe mich bewusst dazu entschieden und es auch gut überlegt, in eine andere Gewichtsklasse zu wechseln. Aufgrund meiner Verletzung sind Extrembelastungen weiterhin nicht möglich. Ich bin noch nicht an meine volle Leistungsgrenze gekommen. Das Quali-Turnier wäre sowieso viel zu früh für mich gekommen.
Ihre neue Gewichtsklasse bis 63 Kilo ist nicht olympisch. Hat dies keinen Nachteil für Sie?
Kraemer: Im Olympiajahr ist es natürlich ein Nachteil für mich, weil ich mich eben nicht dafür beweisen und auch nicht qualifizieren kann. Sonst ist es eben eine ganz normale Gewichtsklasse, wo Meisterschaften und Turniere stattfinden. Es macht keinen Unterschied. Für mich persönlich ist diese Gewichtsklasse derzeit angenehmer und sinnvoller.
2019 gab es in Kaufbeuren im Rahmen der Deutschen Meisterschaften das Duell mit Etienne Kinsinger. Hier gewannen Sie den Titel vor eigener Kulisse. Freuen Sie sich mit ihm, dass er jetzt das Ticket für Tokio gelöst hat?
Kraemer: Natürlich freue ich mich für ihn. Ich habe mir den entscheidenden Kampf angeschaut. Was er hier geleistet hat, muss man ihm hoch anrechnen. Er hat es sich verdient und das respektiere ich. Es war sein Tag und sein Turnier.
In ihrer neuen Gewichtsklasse gibt es mit Deniz Menekse aus Nürnberg und Andrej Ginc aus Frankfurt/Oder zwei direkte Rivalen. Gerade im Limit bis 60 Kilo mussten sie viel abkochen.
Kraemer: Das stimmt. Jahrelang war dies bei internationalen Aufgaben der Fall. Ich bin des Öfteren am Gewinn einer Medaille gescheitert, weil ich gegen gute Ringer eben knapp verlor.
Um den Traum von Olympia erleben zu können, müssen Sie entweder wieder abkochen bis 60 Kilo oder auf 67 Kilo hochgehen. Zu was tendieren Sie?
Kraemer: Ich habe mir das Ziel gesetzt, in einer olympischen Gewichtsklasse zu stehen. Momentan bin sehr leicht. Von daher ist der Sprung bis 60 Kilo nicht mehr so extrem. Da hatte ich schon andere Zeiten erlebt. Allerdings muss man bedenken, dass ich seit rund anderthalb Jahren verletzt bin. Von daher konnte ich leider nicht frei und durchgehend trainieren. Ich lasse mir beide Optionen offen, da man es langfristig sehen und auch planen muss.
Können Sie sich in Corona-Zeiten gut erholen?
Kraemer: Ich bin momentan außen vor. Die Bundestrainer arbeiten schwerpunktmäßig mit den Olympioniken. Von daher bin ich froh, dass ich mich wieder herankämpfen kann und weiß, dass mein Knie einer stärken Belastung aushalten wird. Ich habe keinen Zeitdruck.
Steht denn schon fest, wann Sie international wieder auf die Matte gehen?
Kraemer: Im Juni werde ich bei den Polen Open, beim Pytlasinski-Turnier,starten. Bis dahin habe ich noch Zeit und kann viel Energie für mein Comeback reinpacken. Ich genieße derzeit meine Aufbauphase und arbeite hier intensiv darauf hin.
Als Kaderathlet haben Sie den Vorteil, dass Sie trotzdem trainieren dürfen. Bleiben Westendorf, Burghausen und Nürnberg weiterhin ihre Stationen?
Kraemer: Ich erhalte vom Bundestrainer wöchentlich einen Plan. Dort weiß ich auch, wo und in welchen Stützpunkten ich trainieren werde. Die meisten nationalen Lehrgänge werden im Olympiastützunkt Heidelberg abgehalten. Auch in Herzogenhorn kommen die Kaderathleten des DRB zusammen.
Wie schalten Sie in Corona-Zeiten ab? Bleibt Zeit für andere Tätigkeiten außer Ringen?
Kraemer: Ich bin viel unterwegs. Wenn ich am Wochenende in die Berge gehe, ist das ein zusätzliches Training für mich. Ich kann das natürlich auch privat verbinden. Für mich ist das allerdings ein guter Tapetenwechsel. Ich genieße es, auch am Wochenende mit dem Fahrrad zu fahren. Das macht mir schon sehr viel Spaß.
Interview: Stefan Günter
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